projekt

THF. demokratische entscheidungen als vergnügungstempel? berlin.

Bild: © Felix Frankowiak

planung

cubus plan gmbh

ort

Tempelhofer Feld, Berlin

projektteam

Ariann Schwarz, Anna Ohlrogge, Felix Frankowiak & Team cubus plan

protestentwurf – 100% THF

Mit dem Volksentscheid 2014 zum Tempelhofer Feld (THF) hat sich eine deutliche Mehrheit gegen eine Bebauung des ehemaligen Flughafenareals ausgesprochen. Seither ist das THF ein einzigartiger Ort für die Zivilgesellschaft. 

Als Form direkter Demokratie stimmten 739.124 Berliner:innen (64% der Wähler:innen) für den Erhalt des Tempelhofer Feldes. Dennoch treibt der Berliner Senat eine Randbebauung voran und führte dazu 2024 Dialogwerkstätten mit Bürger:innen durch. Trotz des erneut klaren Ergebnisses gegen eine Bebauung, hat der Senat im November 2024 einen internationalen Ideenwettbewerb ausgelobt, der eine Bebauung weiterhin beinhaltet und finanzielle Ressourcen von bislang 3 Mio Euro bindet. Um behutsam und transformativ das THF für und mit der Zivilgesellschaft weiterzuentwickeln, fehlt dem Ideenwettbewerb in seiner Form das zentrale Element: Partizipation & Prozess.

vergnügungstempel 2025

Mit einem Protestentwurf gegen die Bebauungspläne unterstützen wir die Initiativen Architects4THF sowie 100%THF. Statt einer Randbebauung als scheinbare Lösung der Wohnungskrise sollten demokratische Entscheidungen geachtet und aktive Partizipation sowie eine konsequente Leerstandstransformation vor Neubauoffensiven Priorität haben.

stadtpolitik als jahrmarktspektakel

Im Vergnügungstempel 2025 wird die Berliner Stadtpolitik deshalb zur Inspiration eines zeitlich zu knapp bemessenen, zweimonatigen Jahrmarktspektakels auserwählt. Ideengebend sind Großprojekte der vergangenen Jahrzehnte sowie diverse Veräußerungs- und Bebauungspläne für landeseigene Grundstücke. Hier kann Stadtentwicklung erlebt werden, wie sie nicht sein sollte. 

in welcher stadt wollen wir leben?

In wilden Fahrten stellt sich hier die Zukunftsfrage: Wer entscheidet? Haben wir aus vergangenen Fehlplanungen gelernt? Und vor allem: Wird Bürger:innenbeteiligung in dieser Stadt nur als Abfrage von Meinungen praktiziert oder als Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung und Umsetzung von eingebrachten Ideen?

Von Spekulation, versteckten Bebauungsplänen bis zum Abriss hat dieser Vergnügungstempel alles zu bieten, was Stadtplanung nicht braucht.

attraktionen

free fall der demokratie: Wo Volksentscheide nicht geachtet werden, da ist sie im freien Fall – die Demokratie. Wie hoch die Attraktion genau sein wird, ist noch nicht in Gänze abzusehen, da die zukünftige Bebauungslage hier einen erheblichen Einfluss hat. Festhalten!

das tempelhof‘sche pferd: Auch wenn 739.124 Berliner:innen bereits 2014 dachten, die Bebauungspläne hätten sich durch die demokratische Mehrheitsentscheidung erledigt – sind in dieser Attraktion immer neue Plansätze für das Tempelhofer Feld versteckt! Gut getarnt natürlich als Lösung der Wohnungskrise. Naja!

drehwurm dialogwerkstatt: Hier dreht sich alles um die Frage nach dem Umgang mit Antworten aus einem Dialogverfahren, die man eigentlich gar nicht hören wollte (Reminder: Nein! zur Bebauung!). Insbesondere, da es bereits einen partizipativ entwickelten Plan (EPP 2015) für das Tempelhofer Feld gibt. Erstmal weiter drehen!

fahrt der bedrohten art: Folgt man der Feldlerche, so muss man feststellen, dass ihr eine Bebauung des Tempelhofer Feldes mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gefallen würde. 50% der Gesamtpopulation lebt in den weiten Wiesen des THF, sie genießt die zahllosen Versteckmöglichkeiten und geschützten Bereiche, manchmal auch am Rand. Sie erfreut sich der Nachtkühlung in einer sich verdichtenden Stadt. Für ihre erstklassige Wohnlage würde sie gern auf eine Randbebauung verzichten. Gut, dass sie kein Stimmrecht hat.

das ohr: Monolog statt Dialog! Wer keine Lust auf die Stimmen von Bürger:innen, Dialogwerkstätten und Partizipation hat, kann sich hier zurückziehen und den eigenen Ideen am Hörer freien Lauf lassen. Ob am anderen Ende jemand abnimmt? Kann nicht gewährleistet werden.

private dancer: Diese Attraktion bietet Beständigkeit im wilden Kreiseln: Um Verkauf und Bebauung, um Verwertungslogik und Abriss. Dass seit den 1990er Jahren landeseigene Grundstücke in der Größe eines der bekanntesten Szenebezirke Berlins veräußert wurden – sowie außerdem landeseigene Wohnungsbaugesellschaften – ist bekannt. Die Folgen für das Gemeinwohl spürbar. Warum etwas ändern?

irrgarten der stadtplanung: Intransparenz ist das Gebot der Stunde. Hier sind die Wege irreführend und die Prozesse undurchsichtig. Verhandlungen über landeseigene Grundstücks- und Immobilienveräußerungen werden ohne die Öffentlichkeit geführt, die Anwohner:innen erst im Nachhinein informiert. So ist ein öffentliches Gebäude plötzlich gar nicht mehr öffentlich. Wer hier durchsieht, möge den Ausgang finden!

der abriss-hammer: Diese Attraktion erfreut sich an verlorener grauer Energie! Statt ressourcenschonend den Bestand zu nutzen und Büroflächen in Wohnraum umzuplanen (oder den Bestand günstig für gemeinnützige Zwecke zugänglich zu machen), lassen sich hier Bauabfälle nach Vorliebe produzieren. Ganz ohne Gutachten oder Gegenstimmen aus der Fachwelt, versteht sich!

top-down spin: Keine Lust auf Community Based Design und partizipative Prozesse? Im Top-Down Spin dreht sich alles in eine Richtung: von Oben nach Unten. International ausgelobt gibt es hier Raum für die wildesten Ideen und Bebauungspläne: vor allem wenn das Planungsgebiet nicht vor der eigenen Haustür liegt.

A100 – kultur umfahren! Alle, die im Jahr 2025 noch immer die autogerechte Stadt befürworten, kommen hier auf ihre Kosten! Und zwar auf schätzungsweise 246.000 Euro pro Meter Straße. Einem der teuersten Autobahnabschnitte, den die Stadt je gesehen hat! Lohnenswert ist die Strecke vor allem wegen ihrer kulturnahen Lage, hier gilt es, alles baulich störende präzise umzufahren! Nicht zu umfahren!

loop of participation: Diese Geisterbahnfahrt führt entlang Jahrzehnte lang leerstehender Gebäude in Berlin, die sich teils im Eigentum des Landes befinden. Highlight der Attraktion ist ein mehrere hundert Meter hoher Looping, in dem Partizipation zur (endlosen) Schleife wird! Ein Stopp bei den leer stehenden Geisterhäusern ist nach langjähriger Umkreisung möglich – und sinnvoll.

grundstücke angeln: Ufer für alle? An der überfüllten Spree kann ein unverstellter Blick aufs Wasser (nur für sich allein) auch ganz schön sein. Ohne Mindestabstände für öffentliche Ufer kann mensch sich hier bequem vom Boot aus ein Filetstück erangeln. Leider gilt striktes Ankerverbot, was das Angeln etwas erschweren dürfte. Trotzdem, gutes Gelingen!

great berlin wheel: Ein Investorenprojekt mit Symbolkraft. Beinahe hätte die Gegend um den Zoologischen Garten von Weitem mit einem Vergnügungspark verwechselt werden können, doch dankenswerter Weise scheiterte das Vorhaben 2012 aufgrund der Finanzierung. Im Vergnügungstempel lebt die Idee in 185 Metern Höhe wieder auf: Eine Aussicht über alle noch freien Grundstücke der Stadt, garantiert bis zum Zoo! (… und zum neuen Riesenrad im Spreepark)

rand(be)golfen: An den Rand gedrängt werden bekanntlich kostenfrei zugängliche, öffentliche Sportflächen. An diesem sportlich exklusiven Ort für Wenige wird es spannend zu beobachten, wie sich eine Grünfläche mit Konsumzwang im Vergnügungstempel schlägt!

luftschloss: Auf Äußerlichkeiten Wert zu legen hat landläufig einen schlechten Ruf. Doch dieses (Stadt-) Luftschloss zeigt: es lohnt sich! Hauptsache die Fassade stimmt, rekonstruiere, rekonstruiere! Mit allerlei Einfällen kann hier das Stadtbild von der Mitte aus gestaltet werden, Spendengelder sind willkommen. Egal wo her.

protestschaukel: Ja – Nein! – Ja! – Nein! – Ja? Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Bebauungsvorhaben und Abrisse ernst nehmen, öffentliche Debatten führen, Wissenschaftler:innen und Fachleute einbeziehen? In der Protest-Schaukel muss man sich nicht festlegen! Zuhören? Ja – Nein! – Ja! – Nein! – Ja?

friedhof der volksentscheide: Eine extra portion *grusel* darf auf keinem Jahrmarkt fehlen. Welche Volksentscheide hier auf dem Friedhof ruhen, kann von Mutigen berichtet werden. Eins steht fest: es sind noch Grabstätten zu vergeben, für zukünftige, demokratisch getroffene Entscheidungen, die nicht umgesetzt oder ignoriert wurden.

der immo-hai: … ist selbstredend.

bebauungspläne trotz volksentscheid

Das Tempelhofer Feld (THF) in Berlin ist nicht nur Freizeitort für alle, es wirkt sich klimatisch positiv auf die Stadt aus. 2014 entschieden sich die Bürger:innen per Volksentscheid für den Erhalt und gegen eine Bebauung des Feldes. Der Berliner Senat treibt eine Bebauung jedoch weiter voran. 2024 wurden Dialogwerkstätten vom Senat initiiert: Erneut wurde gegen eine Bebauung gestimmt.

Trotz dieses wiederholt klaren Ergebnisses hält der Senat an einer Randbebauung fest. Aufgrund von „neuen Herausforderungen“ wie etwa dem angespannten Wohnungsmarkt in Berlin, soll eine behutsame Randbebauung geprüft werden. Dazu hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen im November 2024 einen zeitlich knapp bemessenen, internationalen, zweiphasigen, stadt- und freiraumplanerischen Ideenwettbewerb ausgelobt.

Dieser missachtet damit das bestehende Gesetz zum Erhalt des THF. Darüber hinaus widerspricht der Wettbewerb dem bereits existierenden Entwicklungs- und Pflegeplan für das THF von 2015, welcher partizipativ entwickelt wurde.

weiterführende links

Ausschreibung „Ideenwettbewerb Tempelhofer Feld, Berlin“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen:

www.berlin.de/sen/bauen/wettbewerbe/2024/tempelhofer-feld/

Entwicklungs- und Pflegeplan für das THF (2015), welcher partizipativ entwickelt wurde:

www.tempelhofer-feld.berlin.de/documents/74/160513_THF_Broschuêre_Web.pdf

Leerstandsmelder:

www.leerstandsmelder.de

Mit unserem Protestentwurf gegen die Bebauungspläne unterstützen wir die Initiativen Architects4THF sowie 100%THF. Architects4THF auf Instagram: www.instagram.com/architects4thf/
100% THF: www.thf100.de

vergnügungstempel

Download. Unser Protestentwurf gegen die Bebauungspläne des THF zum Herunterladen:

Protestentwurf

leerstand aktivieren statt ränder bebauen

Der Leerstandsmelder ist eine Plattform, auf der Anwohner:innen leer stehende Gebäude oder Wohnungen in ihrer Umgebung melden können. Aus vielen einzelnen Beiträgen entsteht so ein Gesamtbild nicht genutzter Flächen, die gerade in Zeiten der Wohnungskrise von großer Bedeutung sind.

So auch in Berlin. Hier gibt es eine lange Liste an Gebäuden, die von kleinen Wohnhäusern bis hin zu großmaßstäblichen Liegenschaften reicht. Überwiegend in Privateigentum, finden sich darunter auch Gebäude in kommunalem Besitz. Für manche gibt es bereits Planungen, andere sind gescheitert oder warten viel zu lange auf eine Umsetzung.

Lösungen im Bestand suchen: Statt Neubauoffensiven wie eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes voranzutreiben, sollten Lösungen vorrangig im Bestand gesucht werden. Insbesondere landeseigene Gebäude, die keine Nutzung mehr haben, könnten Pilotprojekte mit zivilgesellschaftlicher Teilhabe werden, ohne dass neue Flächen versiegelt werden müssen.

In Berlin gibt es zahlreiche leerstehende Gebäude, die in der Presse häufig als „Geisterhäuser“ auftauchen. Statt jahrzehntelangem Leerstand sollten gemeinwohlorientierte Nutzungen gefunden werden.

kontakt

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tel. 030 53 60 62 17
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